Einsteins Kosmische Religion – Vorteile: Viele! Nachteile: Keine!


Religionen sind eine Quelle von Kriegen, eine Welt ohne Religion wäre besser,  – also weg damit!  – So sagen die einen.

Religion ist Kraftquelle, Kitt für Gesellschaften, Mahnerin zu Nächstenliebe, Impulsgeber für friedliches Zusammenleben! – So sagen die anderen.

Beide Seiten haben ihre Gründe. Eines aber ist sicher:
Es ist ein Vorteil, den Begriff  Religion positiv zu sehen, – wie Albert Einstein!

Einstein definiert Religion  ganz einfach:

„Das Wesen der Religion ist für mich die Fähigkeit, sich in die Haut des anderen zu versetzen, sich mit ihm zu freuen und mit ihm zu leiden.“

Zit. in Vallentin, Das Drama Albert Einsteins, S. 283,zit.n.  Einstein sagt. Zitate Einfälle Gedanken.  Hg. Calaprice, A. , übers. Ehlers, A. , Piper München, Zürich 2005 (7.Auflage.) S. 182

Wer mit Religion gute Erfahrungen gemacht hat, denkt vielleicht an schöne Feiern, an  Gotteshäuser, Tempel, Synagogen, Kirchen, Lieder und Gebete in schutzgebender Gemeinschaft.  Er wird seine Religion als sinnvoll und wichtig in seine Lebensphilosophie einzubauen. Vielleicht wird er seine eigene Religion als  besonders gut und wertvoll im Konzert der vielen Religionen einschätzen.

Wer mit Religion schlechte Erfahrungen gemacht hat, muss konsequenterweise  Religion und Religionen ablehnen. Er braucht die Auseindersetzung mit traditionellen Religionen nicht, um ähnlich zu denken wie Einstein. Manche lehnen grundsätzlich alle Metaphysik ab. Und damit alles, was wissenschaftlich nicht konkret messbar und zählbar sind, in der Wissenschaftssprache: was nicht wissenschaftlich verifizierbar ist.   

Ich will begründen, dass es ein großer Vorteil ist, den Begriff  Religion  positiv zu sehen und gegebenenfalls die Negativ-Erfahrung zu überdenken. 

Entspannt zwischen den Stühlen – mit Einsteins Religionsphilosophie!

Sicher, mit Einsteins Religionsphilosophie sitzt man zwischen den Stühlen, – aber überraschend bequem und entspannt. Für die Traditionalisten gehört man zu den Irrgläubigen oder Ungläubigen, die man missionieren, im schlimmsten Fall bekämpfen muss. – Für die anderen ist man der Unkonsequente, der Kompromissler, der die mutige Konfrontation gegen religiöse Dumpfheit scheut. 

Im Alltag aber hat die “Position zwischen den Stühlen” erhebliche Vorteile:

Als Befürworter der Kosmischen Religion habe ich Verständnis für beide Seiten:  (“Anhänger” erscheint mir zu emotional, erinnert mich zu sehr an Fußball-Anhänger; religiöser Fanatismus ist mir ebenso suspekt wie Fanatismus in Sport und Politik !) 

Ich verstehe diejenigen, die für das Leben und unseren Kosmos eine metaphysische Quelle suchen: in Religion, Philosophie, Metaphysik, unabhängig davon, wie man diese Quelle nennen mag, Gott, Allah, Brahman, Weltengeist, Energie etc. , und ich verstehe diejenigen, die Religion als Quelle von Unfrieden sehen und sie deswegen ablehnen.

Die Vorteile im wissenschaftlichen Diskurs:

Im philosophischen Diskurs wird man leichter als Gesprächspartner akzeptiert, wenn man nicht als Vertreter der Gegenseite verortet wird.

In einer Diskussion, die wissenschaftlichen Kriterien gehorchen soll, erntet man zunächst Unverständnis, wenn man sich als Anhänger einer traditionellen Religion outet. Man ist förmlich gezwungen zu rechtfertigen, warum man neben der wissenschaftlich verifizierbaren Realität noch eine metaphysische oder spirituelle Realität für wichtig erachtet. 

Dies fällt weg, wenn man sich als Befürworter/in der Kosmischen Religion  bezeichnet. Qua Namen wird wissenschaftliche Qualifikation  und wissenschaftliche Augenhöhe vorausgesetzt. Die Kosmische Religion ist mit einem Namen verbunden, der höchste wissenschaftliche Akzeptanz besitzt.

Natürlich muss ich damit leben lernen, dass meine Position nicht akzeptiert wird  auf  der einen Seite bei glühenden Religions-Anhängern und  auf  der anderen Seite von glühend wissenschaftsgläubigen Religions-Hassern.

Aber ich erringe damit auch große Vorteile: Ich kann bestens als Mediator in der Diskussion agieren: Die Kosmische Religion macht mich zum Moderator  

a) zwischen einander feindlich eingestellten  Religionen. Das ist eine Aufgabe, die die Welt nötig hat. Denn eine Mehrheit der Menschen bezeichnet sich als religiös. Wie wir wissen, liegen  Religionen untereinander oft im Clinch. Vermittler tun gut.

b) zwischen Religionen einerseits und religionsfeindlichen Weltanschauungen anderereseits. Man denke an Nationalsozialismus, Marxismus-Leninismus, Maoismus, der kämpferische Atheismus der Bright-Bewegung etc.

Vorteile sogar für die traditionellen Religionen und Kirchen:

Traditionelle Religionsgruppen erlagen bisher der Versuchung, besonders scharf geben Abtrünnige vorzugehen. Der Abfall vom Glauben wird bei den Moslems oft noch als todeswürdiges Vergehen gesehen.  Im Mittelalter war es im Christentum ähnlich. Die Verfolgungen von Häretikern sind Legion. Dabei haben Sie oft nur Nuancen der offiziellen Glaubensdoktrin anders gesehen. Wer die Gruppe verließ, wurde als Verbrecher oder Aussätziger behandelt. Heute sehen wir mit Entsetzen, welch kleinliche  dogmatische Spitzfindigkeiten die Menschen bewegt haben, sich  im Namen des richtigen Glaubens die Köpfe einzuschlaagen.

Umso wertvoller ist es, wenn auch Religionen und Kirchen erkennen müssen: Selbst wenn jemand einer bestimmten  Glaubensdoktrin oder Gruppierung nicht mehr zustimmt oder  sich nicht mehr zugehörig fühlt, ist man deswegen nicht religions-los und werte-los!

Es trägt zum Frieden unter den Religionen und Weltanschauungen bei, wenn man nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame sieht: die Wertschätzung gelebter Menschlichkeit.

Die Vorteile im zwischenmenschlichen Alltag:

Man kann entspannt Rituale pflegen und an Ritualen teilnehmen. Wenn man als Jude, Christ, Muslim, Hindu, Buddhist  o.ä.  mit Ritualen aufgewachsen ist, die jemandem ans Herz gewachsen sind, kann man sie selbstverständlich  weiter pflegen. Man kann bei Feiern, Hochzeiten, Trauerfeiern etc. mit Empathie und Wohlwollen teilnehmen. Man kann selbstverständlich auch weiter Mitglied seiner bisherigen Religionsgemeinschaft bleiben, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass dies sinnvoll oder geraten erscheint.  Man kann Feiern mitgestalten nach eigenen Vorstellungen, im Wissen, dass alle Rituale und Gebete Symbolsprache sind, und dass alle Religionen und Philosophien “auf dem Weg” sind…

Wenn man offen ausdrückt, dass man der früheren Religionsvorstellung entwachsen ist, aber die kosmische Religion für sich gefunden habe, wird man von der traditionellen Umgebung nicht als Religionsgegner wahrgenommen. Das ist ohne Zweifel eine bessere Aussgangsbasis für eine förderliche Dialog-Kultur im zwischenmenschlichen  und gesellschaftlichen Bereich.

Man muss sich keiner Hierarchie unterordnen, braucht keine festen Beiträge oder gar “Steuern” zu bezahlen. Alle Zuwendungen für weltanschauliche, kulturelle oder  karitative Zwecke, die man zahlt, sind freiwillig, und man entscheidet selbst, an wen man zahlt.

Man ist nur sich selber verantwortlich.  Das eigene  Gewissen wird geschärft durch die eigene geistige Auseinandersetzung mit den Regeln der Fairness in einer Gesellschaft, die als ihre höchsten Ziele sieht: Frieden, soziale und ökologische Verantwortung, Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Liebe.
 

Peter Heigl